SanInsFoG und StaRUG
Die Covid-19-Pandemie beschäftigt nach wie vor unseren Alltag und führt zur schwersten Wirtschaftskrise seit Jahren. Um dem entgegenzuwirken, wurden diverse Unterstützungen und Soforthilfen seitens der Politik auf den Weg gebracht. Dennoch erwarten viele Experten nach aktuellen Umfragen eine zeitnah steigende Zahl von Unternehmenssanierungen und Insolvenzen.
Um Unternehmen in der aktuellen Phase weiter zu stützen und eine mögliche zukünftige Insolvenz abzuwenden, wird zurzeit das „Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts“ (SanInsFoG) auf den Weg gebracht. Der Gesetzesentwurf war am 18. November 2020 in der ersten Lesung im Bundestag und wird im Rechtsausschuss am 25. November 2020 diskutiert. Geplant ist eine Einführung zum 01. Januar 2021, auch wenn mittlerweile Stimmen aus der Politik den 01. April 2021 für Teile des sehr umfangreichen Gesetzes als realistischeres Ziel ansehen.
Was ist der Kern des SanInsFoG?
Ein wesentlicher Schwerpunkt ist der Blick auf die Tragfähigkeit der Verbindlichkeiten. Viele Unternehmen, die z.B. Sonderkredite der Förderbanken bekommen haben, müssen sich möglicherweise in den nächsten Jahren mit der Restrukturierung der Passivseite auseinandersetzen, da das Geschäftsmodell nach der Covid-19-Pandemie anders als erwartet nicht die vollständige Kapitaldienstfähigkeit ermöglichen kann.
Hierzu gibt es zwei Kernelemente:
- Die Insolvenzantragspflicht aufgrund Überschuldung ist bis Ende Dezember 2020 ausgesetzt, sofern diese aus der Covid-19-Pandemie resultiert. Mit Wiedereinsetzen der Insolvenzantragspflicht zum 01. Januar 2021 – die Antragspflicht wegen Zahlungsunfähigkeit greift bereits wieder seit dem 01. Oktober 2020 – wird es eine Erleichterung der Anforderung an die Fortbestehensprognose geben: Der Liquiditätsprognosezeitraum soll nur noch zwölf Monate bzw. vier Monate bei durch die Covid-19-Pandemie bedingtem Umsatzrückgang um > 40% in 2020 betragen.
- Auf der anderen Seite wird die persönliche Haftung von Geschäftsführern bzw. Vorständen vor Eintritt der Insolvenzreife deutlich verschärft. Unternehmen müssen zukünftig die nächsten 24 Monate durchfinanziert sein, damit die Interessen der Gläubigergesamtheit gewahrt bleiben. Wenn eine Finanzierungslücke nicht rechtzeitig erkannt wird oder Sanierungsmaßnahmen im Nachhinein nicht wie erhofft greifen, haftet der Geschäftsführer persönlich. Geschäftsführer müssen sich somit frühzeitig bei drohender Zahlungsunfähigkeit mit ihren Handlungsoptionen auseinandersetzen.
Wie müssen Geschäftsführung / Vorstand künftig reagieren?
Zum einen müssen die Organe des Unternehmens mit Wirksamkeit des Gesetzes die Durchfinanzierung sicherstellen. Daher ist bereits spätestens jetzt der Aufbau einer aussagekräftigen Liquiditätsplanung für das laufende und die beiden folgenden Geschäftsjahre erforderlich, da laufend die kommenden 24 Monate überwacht werden müssen. Wenn sich hieraus Liquiditätslücken aufgrund steigenden Bedarfes oder auslaufender Finanzierungen ergeben, besteht die Pflicht zur Lösung im Sinne der Gläubiger – somit höchstens gleichberechtigt im Sinne der Gesellschafter. Die Transparenz in Form einer Dreijahresplanung, die Erarbeitung von Finanzierungslösungen und die Kommunikation mit den Finanzierern und ggf. den übrigen Gläubigern werden unerlässlich und haftungsrelevant.
Zum anderen bringt das SanInsFoG auch das neue Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) mit, womit der von der EU geforderte präventive Restrukturierungsrahmen in nationales Recht umgesetzt wird. Dieser gibt Unternehmen, die grundsätzlich ein funktionierendes Geschäftsmodell haben, ein neues Instrument zur Sanierung an die Hand. Ohne das Stigma der Insolvenz kann im Rahmen der Mehrheitsbildung eine (bilanzielle) Sanierung erfolgen. Neben der Beendigung von Vertragsverhältnissen und der Überstimmung von einzelnen sanierungsunwilligen Gläubigern sind zukünftig auch weitere Maßnahmen möglich, die aktuell nur im Rahmen eines Insolvenzverfahrens genutzt werden können.